Kein Segnen von Waffen!
Jemand, der mit Sprache souverän umzugehen weiß, spricht eine solche Bitte aus, wenn entweder inoffiziell das Segnen von Waffen weiterhin praktiziert wird oder er fürchtet, dass das Segnen von Waffen erneut Befürworter finden könnte. Für seine klare Position gegen das Segnen von Waffen ist Bedford Strohm zu danken.
Es scheint keine offizielle Verlautbarung von einem Evangelischen Bischof oder von der EKD zu geben. Konsequenter war die Katholische Kirche: Beim Zweiten Vatikanischen Konzil 1962/1963 wurde das Segnen von Waffen missbilligt. Entsprechende Segensformeln tauchten danach in neueren Ausgaben des Pontificals nicht mehr auf. Der frühere Militärbischof Walter Mixa erklärte 2001 unmissverständlich: „eine solche Segnung sei heute unzulässig“.
Seine Einsicht, ein Pfarramt kann nicht neutral ausgeübt werden, hat Karl Barth davor bewahrt, sich an der Segnung von Waffen zu beteiligen. Eine Grundlage seines politischen Verständnisses als Theologe wird für ihn vermutlich seine Beschäftigung mit dem Römerbrief gewesen sein. In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal Barths Veröffentlichung des Römerbriefkommentars von 1919.
Die Offenbarung Gottes in Jesus Christus stellt Barth in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Die historisch-kritische Methode habe die Funktion, zeitübergreifende Aussagen des Briefes zu entdecken, den Zusammenhang herzustellen zwischen heutigen sozialpolitischen Fragestellungen mit Fragen, die Paulus um das Jahr 55 stellte. Die Botschaft von Jesus Christus sei keine antiquierte Mitteilung an die Gemeinde in Rom, aber ebenso wenig ein abgeschlossenes, fertiges System. Es lädt vielmehr ein zu einem nicht endenden Dialog.
Karl Barth wird erkannt haben, dass ein Theologe nicht unpolitisch sein kann, es sei denn er ordnet sich im Sinne von Ernst Bloch der Partei der Unpolitischen zu. Die Kirche ist eine gesellschaftliche Institution. Demzufolge können kirchliche Vertreter sich nicht unpolitisch verhalten. Karl Barth kritisierte die Kriegsbejahung seiner akademischen Lehrer, er trat Versuchen entgegen, die Legitimation des Krieges theologisch zu rechtfertigen. Während der nationalistischen Zeit begehrte Barth mehrfach auf, er widersprach, wo er nach seinem Theologieverständnis widersprechen musste. Man könnte einwenden, Barth habe als Schweizer eine Vorzugsbehandlung erfahren. Dagegen sprechen Barths Dienststrafverfahren von 1934 und die Berufungsverhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Berlin von 1935, die mit einer hohen Geldstrafe und am 20. Juni mit der Versetzung in den Ruhestand endeten.
Anders als der überwiegende Teil der Evangelischen Pfarrerschaft verstand Karl Barth sein theologisches Amt, als Pfarrer oder als Hochschullehrer, politisch: Politisch im Sinne einer Mitgestaltung am Gemeinwesen.
Friedhelm Zubke, 4. 7. 2019